24.10.2022

Verkaufsgewächshäuser

Interview mit Karl Bärlin

Der architektonische Trend setzt sich zeigt sich in der Materialwahl. Wurden früher für nicht transparente Flächen einfache Paneelen eingesetzt, so werden heute umfassende Farbkonzepte bis ins Detail abgestimmt. Foto: Rabensteiner/Lars Gruber

Karl Bärlin, Geschäftsführer von Rabensteiner, äußert sich zu aktuellen Trends und Entwicklungen im Bereich Verkaufsgewächshäuser:

GFM:Welche neuen Trends machen sich hinsichtlich der Gestaltung von Verkaufsgewächshäusern bemerkbar?

Karl Bärlin, Geschäftsführer von Rabensteiner. Foto: Rabensteiner

Karl Bärlin: Genauso wie sich schon seit Jahren ein Trend zu einer modernen Architektur in Kellereien im In- und Ausland durchsetzt, erleben wir diesen Wunsch nach Individualität auch bei unseren Kunden. Besonders Betriebe, die auch eine hochwertige Floristik anbieten, möchten diesen Anspruch auch am Gebäude darstellen. Mit Sicherheit wirkt dann auch die Ware, die in solchen Gebäuden verkauft wird, aufgewertet. Dieser Trend spiegelt sich natürlich auch in der Architektur insgesamt wieder: weg von einer Aneinanderreihung von Giebeln hin zu einer kubischen Architektur.

GFM: Welche Materialien sind derzeit üblich? Ändert sich hier etwas durch Witterung oder andere Einflüsse?

Karl Bärlin: Dieser architektonische Trend setzt sich natürlich auch in der Materialwahl fort. Wurden früher für nicht transparente Flächen einfach Paneelen im Standardfarbton eingesetzt, so reden wir heute von einem gesamten Farbkonzept, das bis ins Detail abgestimmt wird. Bei den Materialien geht es hin zu Natur verbundenen Baustoffen, wie zum Beispiel Holz oder Cortenstahl. Holz wird oftmals naturbelassen und altert dann entsprechend, kann aber auch dauerhaft beschichtet (vorvergraut) werden. Im Bereich der transparenten Materialien setzt sich Glas gegenüber Kunststoffen immer mehr durch.

GFM: Welche technischen Neuerungen spielen heute eine Rolle?

Karl Bärlin: Verkaufsgewächshäuser und Gartencenter sind heute als vollwertige Gebäude zu betrachten und müssen hinsichtlich der Materialwahl natürlich auch nachhaltig und gut wärmedämmend gebaut werden. So hat Rabensteiner schon vor vielen Jahren die traditionelle Stahl-Gewächshausrinne durch eine hoch wärmegedämmte Verbundkonstruktion ersetzt, die so genannte Rabensteiner Thermorinne. Bei Verglasungen werden heute selbstverständlich thermisch getrennte Sprossenkonstruktionen eingesetzt. Das Thema Licht (LED-Technik) spielt inzwischen eine sehr große Rolle und wird wie alle anderen Bereiche auch detailliert geplant. PV-Module auf nicht transparenten Dachflächen anzuordnen ist heute Standard.

Klimawandel

GFM: Welche Rolle spielt der Klimawandel bei dem Bau eines Verkaufsgewächshauses? Was ändert sich hinsichtlich Materialien oder Technik, wie Belüftung beispielweise?

Karl Bärlin: Auf die immer höheren Temperaturen während der Sommermonate wird reagiert in den Bereichen, in denen keine Pflanzen präsentiert werden, von vorne herein nicht transparent und hochwärmedämmend ausgeführt werden (Dies hat natürlich auch für den winterlichen Wärmeschutz Vorteile).

Bereiche in denen Pflanzen präsentiert werden und die transparent eingedeckt sein sollten, werden selbstverständlich mit großflächigen Dachlüftungen versehen. Hier ist genauso wichtig für entsprechende Zuluft-Flächen zu sorgen. Zum Beispiel durch große Tore, die im Sommer geöffnet werden können. Selbstverständlich ist eine Innenschattierung die auch als Energieschirm im Winter genutzt wird; in südlicheren Ländern sollte diese aber durch eine Außenschattierung die wesentlich effizienter ist, ersetzt werden. Bei großflächig vorhandener Produktion von Solarstrom kann auch über eine moderate mechanische Kühlung nachgedacht werden. Aufgrund nicht vorhersehbarer Witterungsereignisse (Spätfröste, Starkregen) werden Freiverkaufsflächen häufig mit einer Cabriokonstruktion überdacht.

Bauvorschriften

GFM: Hat sich hinsichtlich der Bauvorschriften etwas geändert?

Karl Bärlin: Die einschlägigen Bauvorschriften werden immer restriktiver gehandhabt, so dass heute einige Fachgutachten beim Bau eines Verkaufsgewächshauses oder Gartencenters erforderlich sind. Vor allem im Bereich Brandschutz kommt es auf eine vorausschauende Planung an, die die Belange des Brandschutzes schon berücksichtigt. Obwohl Verkaufsgewächshäuser noch vom Gebäudeenergiegesetz (GEG) ausgenommen sind, werden mehr und mehr die Maßstäbe von Nichtwohngebäuden angelegt. Auch gibt es inzwischen gesetzliche Vorgaben zur Anordnung von PV-Modulen am Gebäude und auch über größeren Parkplätzen. Diese Anforderungen sind aber noch länderspezifisch.

GFM:Was setzt sich mehr durch: das kalte oder warme Haus?

Karl Bärlin: Hier gilt es schon frühzeitig, die Planung auf die beabsichtigten Sortimente im Verkauf abzustimmen. Es zeigt sich immer mehr, dass normal beheizte Verkaufsflächen kleiner sein können, zugunsten von temperierten oder unbeheizten Verkaufsflächen. Auch kann man darüber nachdenken insgesamt vier Temperaturzonen zu bilden. Saison-Verkaufsflächen sollten abgetrennt werden können, damit sie im Winter nicht beheizt werden müssen.

GFM:Inwieweit ist der Bau von Verkaufsgewächshäusern von Energieeinsparung und Ressourcenschonung betroffen?

Karl Bärlin: Obwohl das Thema Energie bisher im Bereich von Gartencentern keine große Rolle gespielt hat (Energieeinsatz meist unter 1 % des Umsatzes), wird heute auf eine Gebäudehülle wert gelegt, um diesen Prozentsatz möglichst halten zu können.

Die damit einhergehenden Maßnahmen werden häufig werbewirksam nach außen dargestellt. Die Erzeugung der erforderlichen Heizenergie wird im Moment natürlich auch heiß diskutiert: Waren früher Gasheizungen die Regel, so geht heute der Trend hin zu Wärmepumpen. Diese werden in Verbindung mit einer Fußbodenheizung für gewisse Bereiche sinnvoll eingesetzt.

GFM: Was hat sich im Laufe Ihrer langjährigen Erfahrung an Möglichkeiten insgesamt für die Gestaltung und den Bau geändert?

Karl Bärlin: Waren Verkaufsgewächshäuser noch vor 20 Jahren aufgerüstete Gewächshäuser aus der Produktion, so reden wir heute von Verkaufsgebäuden an die ganz andere Maßstäbe angelegt werden. Trotzdem muss es gelingen, die wirtschaftliche Bauweise eines Gewächshauses auf die heutigen Anforderungen zu übertragen. Das ist unser Anspruch und unsere Herausforderung. Diesem Anspruch werden wir auch deshalb gerecht, weil wir sehr frühzeitig in Planungen einbezogen werden und dadurch das Ziel der wirtschaftlichen Bauweise nie aus den Augen verlieren.